Josep Caballero García
„Mich interessiert die Dynamik, die zwischen dem Biografischen, Persönlichen, Subjektiven und dem Kollektiven entsteht. Welche Paradoxen, Qualitäten und Eigenheiten erscheinen im individuellen Körper? Und wie können sie etwas Neues hervorrufen und kreieren?“
Die Bezeichnung Tänzer-Choreograf trifft auf den Katalanen Josep Caballero García in besonderer Weise zu. Nicht weil er selbst in seinen Choreografien tanzt; die Perspektive, die er einnimmt, rückt die Rolle des Tänzers in ein brisantes Licht, zeigt wie sehr ein behauptetes Selbstverständnis auf tönernen Füßen steht und bildet die Basis, um aus dieser Erkenntnis poetisch, persönlich wie auch politisch die eigene künstlerische Arbeit in ein entschieden kritisches Verhältnis zur Geschichte und zur Praxis des Tanzes zu stellen. Er hat für Urs Dietrich, Roxane Huilmand und für Pina Bausch getanzt – Choreografen, die Hingabe und Herzblut fordern. Am Ende musste er feststellen, dass ihm, dem Tänzer, der alles gegeben hat, nichts gehört. Seine Trilogie zu „Le Sacre du Printemps“ traf im Jubiläumsjahr dieses Schlüsselwerks der Moderne mitten ins Schwarze einer längst überfälligen Debatte um Urheberrechte im Tanz. Bei aller klug durchdachten Konzeption ist es bei García dennoch der Tanz selbst – von der flüchtigen Geste bis hin zu schonungslosem Körpereinsatz – der nachhaltig berührt und künstlerisch wie ethisch den Kosmos dieses viel versprechenden Choreografen und langjährig erfahrenen Tänzers darlegt. „Ne danse pas si tu ne veux pas“ – Tanze nicht, wenn Du nicht tanzen willst: In der Begegnung eines Mannes, García, mit einem elfjährigen Jungen wird im ersten Teil das Opferritual zum Kinderspiel – und hält das Machtgefälle zwischen Erwachsenem und Kind in sensibler Balance. Ballerinen mit Charakter entdeckt er in „No [’rait] of Spring“. Schonungslos erklärt er in „SACRES“ den Tanz zum politischen Ort.
Irmela Kästner
No [’rait] of spring (2013)
3 performers, stage 10 x 10 m, 60 min
SACRES (2013)
solo, stage 10 x 10 m, 33 min
Ne danse pas si tu ne veux pas (2012)
2 performers, stage 10 x 10 m, 55 min
Josep Caballero García studierte zeitgenössischen Tanz in Barcelona, am Centre National de Danse Contemporaine – Angers (Frankreich) und beendete seine Ausbildung an der Folkwang Universät der Künste Essen. Seit 1994 ist er als Tänzer u. a. bei Pina Bausch, Urs Dietrich, Doris Stelzer und Xavier le Roy tätig. Seit 2006 lebt er in Berlin und arbeitet als freischaffender Tänzer und Choreograf. 2009 begann er mit seinen Recherchen zu „Le Sacre du Printemps“, die er in zwei Residenzen am tanzhaus nrw und im K3 – Zentrum für Choreographie intensiviert hat. Daraus entwickelte er eine Sacre-Trilogie: „Ne danse pas si tu ne veux pas“, „No [’rait] of spring“ und „SACRES“.
josepcaballero(at)web.de