Hermann Heisig

„In meiner neuesten Arbeit interessieren mich digitale Effekte von Widerhall und Amplifikation. Inwiefern produziert unser Körper Impulse, Wünsche und Vorstellungen, die eine Eigendynamik entwickeln und dann wie ein Boomerang auf uns zurückfallen?“

Portrait

Hermann Heisig ist eine der auffallendsten Erscheinungen der deutschen Tanzszene. Der Choreograf und Tänzer mit dem Gardemaß von 1,95 m hat einen eigenwilligen Bewegungsduktus entwickelt, der ganz aus der Eigenart seines schlaksigen Körpers entspringt. Er beweist zudem, dass Tanz und Komik durchaus vereinbar sind. Heisig stammt aus der bekannten Leipziger Malerfamilie. Sein Vater hat ihn schon früh in die Kunst-Welt eingeführt und ihm gezeigt, dass Kunst nichts Heiliges ist, sondern ein Arbeitsprozess, bei dem Fehler passieren. Als gewitzter Performer versteht es Heisig denn auch, die eigenen Begrenzungen produktiv zu nutzen. Seine Ästhetik aus Fauxpas, Abweichungen und Deplatzierungen entwirft ein Körperbild, das divers ist. Die Lektüre von Henri Bergsons Essay „Das Lachen“ über die Bedeutung des Komischen war für ihn eine wichtige Anregung. Seitdem untersucht er, wie sich Komik körperlich manifestiert. In dem Solo SLAP/STICK verwendete er gestisches Material von Komikern wie Helge Schneider und Jacques Tati. Seine Recherchen etwa über den Gegensatz von Fluidem und Maschinellem führte er in dem Trio STRTCH fort. Heisig bewegt sich zwischen dem Absurden und dem reinen Nonsense. Dabei gründet seine Komik in Philosophie: Es geht ihm um „die Art und Weise, wie man sich in dieser Welt platziert, und um die Frage von Fremdheit“. Bei allem Tiefsinn zeichnen sich seine Performances durch eine Lust am Spielerischen und Anarchischen aus – und muten oft geradezu dadaistisch an.

Sandra Luzina

Produktionen

STRTCH (2014)

NEXT TO NEAR (working title) (2016)
in collaboration with May Zarhy 

Biografie

Hermann Heisig, in Leipzig geboren, arbeitet nach seiner Ausbildung in Berlin und Montpellier als Tänzer u. a. für Martine Pisani, Martin Nachbar, Meg Stuart/ Damaged Goods, Thomas Lehmen, Begum Erciyas und Corinna Harfouch. Ein enger künstlerischer Austausch verbindet ihn mit Nuno Lucas, Elpida Orfanidou, Pieter Ampe, Anne Zacho Søgaard und Diana Wesser. In seiner Arbeit zelebriert Hermann Heisig das Potenzial von Zerstreutheit, Überspannung und automatischer Bewegung und setzt sich dabei mit Reibungseffekten auseinander, die Körper in sich, miteinander und im Verhältnis zu ihrer Umwelt produzieren. Das Quartett STRTCH (2014) schließt akustische Effekte mit dem Körper kurz und wurde 2015 für den Ursula-Cain-Preis nominiert.

Materialien

Hermann Heisig 2014