Xavier Le Roy
„Erfahrungen für Experimente und Experimente für Erfahrungen.“
Der Weg ins Museum ist choreografischen Werken leichter zugänglich geworden, seit Kunst, die auf Bewegung basiert und Körper als ihr Medium verwendet, von der institutionellen Kunstgeschichtsschreibung entdeckt worden ist. Performance gehört mittlerweile zum Kanon, auch sie hat ihre Geschichte. Und zur Künstlergeschichte gehört die Retrospektive. Im Frühjahr 2012 war Xavier Le Roy auf Einladung des Museums Fundació Antoni Tàpies drei Monate in Barcelona und zeigte dort eine Arbeit mit dem Titel „‚Retrospective‘ by Xavier Le Roy“. Xavier Le Roy gilt mittlerweile als ein Klassiker des zeitgenössischen Tanzes. Einige seiner Stücke wie „Self Unfinished“ (1998) und „Product of Circumstances“ (1999) sind seit ihrer Entstehung ununterbrochen auf Tournee. Insofern würde das Phänomen Retrospektive nahtlos zum Rang des Künstlers passen. Doch geht es bei dem Projekt, das mittlerweile an drei weiteren Orten zu sehen war, eben gerade nicht um die Feier des Erreichten. Denn Le Roy ist selbst zwar während der gesamten Ausstellungsdauer präsent, lässt aber die Werke von anderen vorführen – individuell interpretiert, angepasst, ausgewählt. Im Wechselspiel aus kuratorischer Kontrolle, kollektiver Autorschaft und Echtzeit-Erlebnis entsteht in „Retrospective“ ein Panorama der Veränderung von Tanz, das den schwierigen Werkbegriff der Performance weder aushebelt noch überhöht. Stattdessen wird das Museum zu einem Schauplatz der Aufführung, dessen Blickachsen weit zurück und entschlossen nach vorn reichen.
Franz Anton Cramer
Retrospective (2012)
12-20 performers depending on the location and the duration of the exhibition, space A 20 x 20 m, space B 150 m² or more, performance ongoing during opening hours of the exhibition space, duration of the exhibition 10 days to 6 weeks
low pieces (2009-2011)
9 performers, stage 14 x 14 m, 90 min
Product of Other Circumstances (2009)
solo, stage 8 x 8 m, 120 min
More Mouvements für Lachenmann (2008)
8 performers, stage 14 x 14 m, 70 min
Le Sacre du Printemps (2007)
solo, stage 10 x 10 m, 60 min
Salut für Caudwell (2005)
4 performers, stage 12 x 12 m, 26 min
Giszelle (2001)
solo, stage 12 x 12 m, 2 versions 30 min or 60 min
Product of Circumstances (1999)
solo, stage 8 x 8 m, 65 min
Self Unfinished (1998)
solo, stage 10 x 10 m, 55 min
Xavier Le Roy hat einen Doktortitel in Molekularbiologie der Universität Montpellier und arbeitet seit 1991 als Tänzer und Choreograf. Er ist mit unterschiedlichen Kompanien und Choreografen aufgetreten. Von 1996 bis 2003 war er Artist-in-Residence im Podewil Berlin. 2007/08 war er Associated Artist am Centre Chorégraphique National de Montpellier, 2010 Artist-in-Residence fellow des MIT Program in Art-Culture and Technology in Cambridge (USA). Zurzeit ist er Artist-in-Residence am Théâtre de la Cité Universitaire in Paris (2013-15). Mit Soloarbeiten wie „Self Unfinished“ (1998) und „Product of Circumstances“ (1999) hat er der choreografischen Kunst neue Perspektiven eröffnet. Seine jüngsten Arbeiten, wie z. B. das Solo „Le Sacre du Printemps“ (2007), das Gruppenstück „low pieces“ (2011) und Arbeiten für Ausstellungsräume wie „production“ (2011), das er gemeinsam mit Mårten Spångberg schuf, „untitled“ (2012) und „Retrospective“ (2012), erzeugen Situationen zur Erforschung der Beziehungen zwischen Zuschauern/Besuchern/Performern und der Entstehung von Subjektivitäten.