Lea Moro
„Mit meiner Arbeit möchte ich fesseln und affektive Situationen erzeugen. Virtuosität, Illusion und subtiler Humor schaffen eine Vieldeutigkeit, die manchmal Emotionen oder gar Pathos hervorrufen kann. Ich möchte neue Sachen lernen, möchte neugierig und besessen sein und meine Intuition schulen.“
Die Zutaten für Lea Moros Choreografien ließen sich verkürzt auf folgende Formel bringen: opulente Musik, unmögliche Aufgaben und Anleihen bei kanonischen Werken oder Genres. So nimmt sie bspw. den Titel ihres Solos Le Sacre du Printemps, a ballet for a single body wörtlich, indem sie sich der Herausforderung stellt, zu Stravinskys Komposition alleine die Rolle des gesamten Corps de ballet zu tanzen. Und das Trio ( b)reaching stillness ist der Versuch, drei Tänzerkörper zu Gustav Mahlers Auferstehungssinfonie in einen Zustand zwischen Erstarrung und Verflüssigung zu versetzen. Inspirationsquelle hierfür waren die morbiden Motive der Stilllebenmalerei. Die Fallhöhe könnte kaum größer sein, aber das Unterfangen gelingt, weil Lea Moro bei der Arbeit analytische Sorgfalt walten lässt und nicht vor Brückenschlägen in Populär- oder Alltagskultur zurückschreckt. So wirken das Rezitieren eines Heavy Metal Songs von Black Sabbath oder eine kollektive Kopfmassage unversehens nicht mehr deplatziert, sondern entpuppen sich als funktionale Elemente (als zeitgenössisches Opferritual im Sacre bzw. als Revitalisierung des Wesenden im choreografierten Stillleben). Und dass das Ganze streckenweise auch humorvoll daher kommt, ist dem unverblümten Einsatz von Plastikpalmen und Bühnennebel zu verdanken. Wir können gespannt sein, wie das zweite Solo zu Vivaldis Die Vier Jahreszeiten aussieht. Ein Kommentar zur viel beschworenen Krise der großen Form im Tanz – auf Rollschuhen und als Musical.
Pirkko Husemann
Le Sacre du Printemps a ballet for a single body (2013-14)
(b)reaching stillness (2015)
The End of the Alphabet (2016)
Lea Moro studierte an der Scuola Teatro Dimitri in der Schweiz, dem LABAN Centre in London und dem Hochschulübergreifenden Zentrum Tanz Berlin (HZT). Das Jahrbuch 2015 der Zeitschrift tanz nennt Lea Moro eine Hoffnungsträgerin. Ihr Gruppenstück (b)reaching stillness hatte im Juni 2015 in den Sophiensælen in Berlin Premiere. Ihre Solo Performance Le Sacre du Printemps, a ballet for a single body (2013-14) wurde u. a. am HAU Hebbel am Ufer in Berlin, 2015 beim Festival Tanztage Berlin in den Sophiensælen, im Tanzhaus Zürich und der Dampfzentrale Bern gezeigt. 2015/16 ist sie Residenzchoreografin bei K3 – Zentrum für Choreographie | Tanzplan Hamburg. Im Frühjahr 2016 wird ihr neues Solo Musical The End of the Alphabet uraufgeführt.