Johanna Roggan

„Meine Inszenierungen werden nicht nur mit ästhetischen Mitteln verhandelt, sondern vor allem durch eine sehr physische Bewegungssprache erfasst. So entstehen Stücke mit hoher Emotionalität. Gesellschaftliche Bezüge und der Blick nach menschlichen Abgründen sind momentan die Basis meiner Themenwahl.“

  • Handkes Weiberabend | © David Pinzer

Portrait

Für Johanna Roggan kann sich der Tanz als Medium des körperlichen Ausdrucks im Kontext anderer medialer Künste am besten entwickeln. So ist die Zusammenarbeit mit HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste Dresden oder mit der Trans-Media-Akademie für sie ein Glücksfall.  Tanz und Installation, choreografische Raumgestaltungen, Verführungen einer ganzen Gruppe, Bewegtheit in Bewegung zu verwandeln, sind für sie existenzielle Notwendigkeiten. In „wo es eben passt, Kapitel II“ reichen zwei Minuten und 30 Sekunden um den Zwiespalt eines Herdentieres und seinen Wunsch nach Individualität in einem so bewegenden wie bewegten Vorgang erfahrbar zu machen. In der interaktiven Stunde „Handkes Weiberabend“ müssen sich drei Frauen ihren eigenen Schatten stellen. Der Choreografin Roggan gelingt es kraft optischer und klanglicher medialer Überhöhung alltäglichen Vorgängen Aspekte der Würde des Annehmbaren zu geben. Freiheit und Norm sind Themen in ihren Arbeiten. Sei es in der Freiheit der Bewegung im Widerspruch zu vorgegebenen Normen körperlicher Möglichkeiten, die sich im medialen Kontext erweitern lassen, oder in der Sensibilität und Fantasie, mit denen sie die Grenzen des Sichtbaren zu durchbrechen sucht. So in der Installation eines so gut wie geschlossenen Raumes, in dem sich die Tänzerin bewegt. Für die Zuschauer gibt es knappe Einblicke, die eigene Bewegung ist gefordert. Und es geschieht, paradoxerweise: Man sieht die Tänzerin so gut wie nicht, aber sehr bald den eigenen bewegten Film und spürt etwas von der Ungeheuerlichkeit punktueller Erfahrung im Hinblick auf die Relativität materieller Grenzen.

Boris Gruhl

Produktionen

MONSTERBOX (2014)
4 performers, stage 10 x 12 m, 60 min

wo es eben passt, Kapitel II (2012)
2 performers, no stage required, 30 min

Handkes Weiberabend (2012)
3 performers, stage 10 x 10 m, 60 min

Biografie

Johanna Roggan/the guts company studierte Tanz in Nürnberg, Berlin und Linz. Von 2008 bis 2010 lebte und arbeitete sie in Israel. Neben eigenen Produktionen tanzt sie für verschiedene Choreografen, arbeitet an festen Häusern (Staatsschauspiel Dresden, Oldenburgisches Staatstheater) als Choreografin und Ko-Regisseurin und gibt Workshops in zeitgenössischem Tanz, sound specific movement for interactive environments® und GYROKINESIS®. 2013 gründete sie, zusammen mit Josefine Wosahlo, die Tanzkompanie the guts company. Während der ersten Tanzplattform Sachsen im Mai 2013 prämierte eine Jury ihre Arbeit „wo es eben passt, Kapitel II“ für eine Koproduktion einer neuen Arbeit in 2014 mit HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste Dresden und dem Societaetstheater Dresden.