Tian Rotteveel

„Für mich sind Klang und Bewegung Prozesse, die Bedeutung und Sinn entfalten, sich jedoch ebenso gut zu purer Intensität und einem rein sinnlichen Erlebnis verdichten können. Ich glaube, durch die Verletzbarkeit werden die Dinge ins rechte Licht gerückt. Es gibt meiner Meinung nach keinen Weg, das zu verleugnen.“

  • HEARTCORE | © André Wunstorf

  • new out | © Roberta Petzoldt

  • SOULSQEEZING | © Plesna Izba Maribor

Portrait

Tian Rotteveel lebt und arbeitet als Komponist und Choreograf in Berlin. In seiner Arbeit untersucht er die spezifischen Eigenschaften von Sound und Bewegung, die Kombination von beidem und ihre jeweilige Beziehung zu ihrem Umfeld. Wie ein Wissenschaftler seziert er diese Phänomene, legt sie unter das Mikroskop und zoomt weit weg oder ganz nah heran, mit verblüffenden Ergebnissen. Es entstehen neue Beziehungen zwischen Sound, Bewegung und Raum: Die drei Elemente werden wechselseitig zum Echo oder zum Ursprung der jeweils anderen. Dadurch werden die Zuschauer gezwungen, auf ungewohnte Art zu schauen und zu hören und ihre Erwartungen immer wieder zu verändern, was einen prickelnden, verwirrenden Effekt erzeugt. In Soulsqueezing (2012), einem selbst komponierten und choreografierten Stück, in dem er auch selbst singt und tanzt, bewegt Rotteveel sich nach konventionellen Vorgaben zu einem langen, sehr reduzierten R&B-Song, von dem nur noch die Essenz, ein warmer, pulsierender Bass, übrig geblieben ist. Aus dem reduzierten, wohlbekannten Rhythmus heraus entwickelt Rotteveel eine überraschende Ode an die Ontologie. Zunächst beobachtet er seinen Körper und dessen Verhältnis zum Raum, zu einem Sessel, zur Wand, zum Publikum. Dann zoomt er weiter weg, wird zunehmend extremer und kommt schließlich zu existenziellen Themen wie der Verletzlichkeit des Menschen und den Grenzen des Alltagslebens. Dadurch wird Soulsqueezing zu einer erstaunlichen physischen und philosophischen Studie innerhalb unerwarteter Parameter.

Herien Wensink

Produktionen

Soulsqueezing (2012)

Propellor (2014)

Golden Game (2015)
Collaboration with Claire Vivanne Sobottke

Heartcore (2016)

Biografie

Tian Rotteveel studierte in Holland am Königlichen Konservatorium Den Haag und am Konservatorium Utrecht Musik (2004-09) und machte seinen Master-Abschluss in Komposition. Anschließend nahm er Studien in Tanz und Choreografie auf, zunächst 2010 an der Salzburg Experimental Academy of Dance (SEAD), dann am Hochschulübergreifenden Zentrum Tanz Berlin (HZT), wo er mit dem BA Tanz, Kontext, Choreographie abschloss. In seiner künstlerischen Arbeit behandelt Rotteveel die Entwicklung von Ton, Sprache und Bewegung als austauschbare Prozesse. Mit seinem Solo Soulsqueezing (2012) fand er erstmals in der Tanzszene Beachtung. Er hat mit Jeanine Durning, David Zambrano, Jeremy Wade, Tino Sehgal, Martin Nachbar, Hermann Heisig und anderen gearbeitet und unterrichtet bei Tanzkompanien wie Meg Stuart/ Damaged Goods, an Ausbildungsstätten für Tanz und auf Festivals.

Materialien